Eine Erkrankung mit hohem Leidensdruck: Das Lipödem

Sport und eine gesunde Ernährung allein können nicht immer helfen, wenn die Hose zwickt. Stark angeschwollene Hüften, Ober- und Unterschenkel können auf ein Lipödem hinweisen, einer Fettverteilungsstörung mit bislang ungeklärter Ursache. Die Krankheit, von der überwiegend Frauen betroffen sind, sorgt für starke Schmerzen und große Einschränkungen im Alltag. Auch die psychischen Belastungen sind hoch.

Privatdozent Dr. Nick Spindler, Chefarzt der Klinik für Plastische, Hand- und Rekonstruktive Chirurgie am varisano Krankenhaus in Bad Soden, klärt im Interview über Symptome, Diagnostik und Therapiemöglichkeiten auf.

Was ist das Lipödem und woran kann man es erkennen?

Beim Lipödem vermehrt sich Fett- und Bindegewebe an den Extremitäten, vor allem an den Beinen unkontrolliert. Füße und Hände haben weder Schwellungen noch Schmerzen, aber Unterschenkel, Knie, Oberschenkel und Hüfte oder manchmal auch die Arme sind durch Gewebe und Flüssigkeitseinlagerungen verdickt. Betroffene neigen dazu, schnell Blutergüsse zu bekommen, sind sehr druckempfindsam und leiden unter starken Schmerzen. Tastet man die Haut ab, fühlt sie sich wie Styroporkügelchen an, das heißt, die Haut ist uneben und stellenweise verhärtet. Nicht selten führt die Diagnose Lipödem auch zu seelischen Belastungen. Betroffene kämpfen häufig mit einem geringen Selbstwertgefühl und fühlen sich schlichtweg unwohl in der eigenen Haut.

 

Wodurch wird ein Lipödem verursacht?

Die Ursachen des Lipödems sind – zumindest aktuell – noch nicht vollständig geklärt. Was man weiß, ist, dass es Risikofaktoren gibt, die eine Entstehung begünstigen. Dazu zählen zum Beispiel hormonelle Schwankungen, die Einnahme der Pille, Schwangerschaften oder die Wechseljahre. Auch Adipositas – also starkes Übergewicht – kann die Entstehung eines Lipödems verstärken, allerdings muss man das Lipödem ganz klar von Adipositas trennen – die beiden Erkrankungen sind zwar leicht zu verwechseln und Lipödeme können durch Adipositas verstärkt werden, dennoch sind es zwei verschiedene Erkrankungen mit variierenden Beschwerden und Behandlungsstrategien.

 

In welchen Ausprägungen kommt das Lipödem vor?

Man unterscheidet zwischen drei Graden der Erkrankung mit Stufe drei als schwerwiegendster Ausprägung. In dieser Stufe beobachtet man oftmals verhärtetes Gewebe und große Volumen- und Umfangszunahme an den betroffenen Extremitäten. Die Diagnosestellung ist sehr komplex. Zur Bestimmung des Lipödems und seiner Ausprägung untersuchen wir unter anderem, wie stark das Unterhautgewebe ausgebildet ist und wie stark die Schmerzen sind. Darüber hinaus müssen Krankheiten wie Adipositas und oder auch das Lymphödem ausgeschlossen werden können.

 

Welche Behandlungs- und Therapiemöglichkeiten gibt es?

Lipödeme sind nicht heilbar. Es gibt aber Therapien, mit denen sich die Beschwerden deutlich lindern lassen.

Mit Lymphdrainage und Kompressionstherapien können die Schwellungen behandelt werden. Auch Sport und Ernährungsberatung ist wichtig. Über einen operativen Eingriff – der sogenannten Liposuktion – kann Fett- und Bindegewebe abgesaugt werden. Abhängig vom Krankheitsstadium und dem Volumen, dass abgesaugt werden muss, wird dieser Eingriff entweder ambulant oder stationär durchgeführt. Am Krankenhaus in Bad Soden behandeln wir alle Krankheitsstadien des Lipödems. Die Behandlung des drittgradigen Lipödems wird von den gesetzlichen Krankenversicherungen übernommen und bildet einen Schwerpunkt unseres Versorgungsspektrums.